Viele Patienten wünschen sich, von ihren Ärzten besser involviert und aktiv in Therapieentscheidungen eingebunden zu werden. Ein Wunsch, dem viele Ärzte mit einer sogenannten partizipativen Entscheidungsfindung (auch: Shared Decision Making) nachkommen. Entscheidungen über die medizinische Behandlung treffen Arzt und Patient gemeinsam als gleichberechtigte Partner. Voraussetzung dafür ist ein grundlegendes Verständnis über die eigene Gesundheit: Der „mündige Patient“ ist heute durch Google, Medizinforen und Co. kompetenter denn je. Doch um Ängsten und Fehlinformationen vorzugreifen, ist eine gezielte Befähigung der Patienten (Patient Empowerment) im medizinischen Bereich sinnvoll. Indem Ärzte, Gesundheitsorganisationen und medizinische Einrichtungen ausgewählte und fundierte Informationen für ihre Patienten bereitstellen, fördern sie deren Gesundheitskompetenz und ermöglichen eine aufgeklärte Entscheidung.
Gezielte Informationen können Ängste abbauen
Der Mehrwert des Patient Empowerments beschränkt sich nicht auf Entscheidungen zu Therapie und Behandlung: Auch bei der Händehygiene ist die aktive Beteiligung der Patienten eine sinnvolle Ergänzung für den Patientenschutz und die Infektionsprävention. Denn: Die Händehygiene ist zweifelsohne eine der wichtigsten Maßnahmen zur Prävention nosokomialer Infektionen, doch richten sich Aufklärungskampagnen, Schulungen und Trainings bislang hauptsächlich an Mitarbeiter des Gesundheitswesens. Auch bei Patienten erregen die Themen Prävention und Schutz vor Infektionen immer mehr Aufmerksamkeit. Umfragen zufolge sorgen sich 81 % der Deutschen bei einem Krankenhausaufenthalt vor der Ansteckung mit multiresistenten Keimen [1]. Patienten hier gezielt in das Thema Händehygiene einzubeziehen, kann ihnen dabei helfen, Infektionsrisiken im Krankenhaus realistischer einzuschätzen und irrationale Ängste vor multiresistenten Keimen abzubauen. Ein wirksames Patient Empowerment zur Händehygiene informiert Patienten aber auch darüber, welche Rolle sie selbst bei der Infektionsprävention spielen können – und ermuntert damit, aktiv zu werden.
Patienten sind sich der Rolle der eigenen Händehygiene kaum bewusst
Für eine erfolgreiche Implementierung des Patient Empowerments ist vor allem eine Akzeptanz von Gesundheitspersonal und Patienten erforderlich. Wissenschaftliche Beobachtungen zeigen, dass dies nicht immer der Fall ist [2]: Während 49,9 % der Patienten bereit sind, Ärzte und Pflegepersonal an eine Händedesinfektion zu erinnern, unterstützen nur 31,6 % der Ärzte und des Pflegepersonals ein Patient Empowerment. Als Begründung nennen 76 % der Patienten Angst, das Pflegepersonal zu verärgern oder als Konsequenz eine schlechtere Behandlung zu erhalten. Auf Seite der Ärzte geben jeweils 40 % an, dass den Patienten ein ausreichendes Wissen zur Beurteilung fehlt und eine Beteiligung des Patienten an der Behandlung negative Effekte auf das Verhältnis zwischen Arzt und Patient haben kann. 58 % des Pflegepersonals halten eine Einbeziehung der Patienten für unnötig.
Patienten brauchen aktive Bestärkung bei der Händehygiene
Um mehr über die Händehygiene zu erfahren, wünschen sich Patienten vor allem eine direkte Bestärkung durch Mitarbeiter (80,8 %) und visuelle Erinnerungen, z. B. in Form von Postern (73,4 %) [3]. Im direkten Gespräch mit Patienten und Besuchern ist es im Sinne des Patienten Empowerments wichtig, Ängste abzubauen und zur Eigeninitiative zu animieren. Beispielsweise hilft es Patienten zu wissen, dass Bakterien nicht etwa im Krankenhaus entstehen, sondern vielmehr ganz natürlich in der Umwelt vorkommen und sogar einen wichtigen Bestandteil der eigenen Darm- und Hautflora darstellen. Der gezielte Hinweis, die im Krankenhaus angebrachten Desinfektionsmittelspender nutzen zu dürfen baut außerdem eventuelle Hemmschwellen ab und kann so das Händehygieneverhalten von Patienten und Besuchern fördern.
Händehygiene speziell für Patienten: Das richtige Timing
Wann Patienten und Besucher die Hände desinfizieren sollten, basiert auf Empfehlungen von WHO und Robert Koch-Institut [4,5]:
- Beim Betreten oder Verlassen des Patientenzimmers
- Nach der Benutzung der Toilette bzw. der Bettpfanne
- Vor dem Essen, Trinken und der Einnahme von Medikamenten
- Vor und nach Kontakt mit der eigenen Wunde, Schleimhäuten oder venösen Zugängen
- Nach dem Kontakt mit häufig berührten Oberflächen im Krankenhaus (z.B. Türklinken, Handläufe)
Händedesinfektion Patienten und Besucher - Warum?
Händedesinfektion Patienten und Besucher - Wann?
Händedesinfektion Patienten und Besucher - Wie?
Quellen:
1. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/71467/umfrage/was-im-krankenhaus-angst-macht/#professional
2. Sande-Meijide M et al. (2019) Perceptions and attitudes of patients and health care workers toward patient empowerment in promoting hand hygiene. Am J Infect Control 47: 45-50.
3. Barker, A. et al. (2014) Patient’s Hand Hygiene at Home Predicts Their Hand Hygiene Practices in the Hospital. Infect Control Hosp Epidemiol 35(5):585-588.
4. WHO (2009) Guidelines on Hand Hygiene in Health Care
5. KRINKO (2016) Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Bundesgesundheitsbl, 59:1189–1220.