Die aviäre Influenza, besser bekannt als Vogelgrippe, ist eine sehr ansteckende Viruserkrankung, die hauptsächlich Vögel befällt und durch verschiedene Virusstämme verursacht wird. Der derzeit in den USA bei Kühen auftretende Ausbruch, der die Nachrichten beherrscht, wird durch das Influenzavirus Typ A(H5N1) verursacht. In unserem Beitrag erfahren Sie mehr über die aktuellen Entwicklungen der Vogelgrippe und die richtigen Präventionsmaßnahmen.
Aviäre Influenza (Vogelgrippe): Ein aktueller Überblick
Wie besorgniserregend ist die aktuelle Situation 2024?
Die aviäre Influenza (Vogelgrippe) ist eine hochansteckende Viruserkrankung, die in erster Linie Vögel betrifft und von verschiedenen Virusstämmen hervorgerufen wird. Andere Tiere sowie Menschen können sich unter bestimmten Umständen ebenfalls mit einzelnen der bekannten Virusstämme anstecken.
Der aktuell die Schlagzeilen dominierende Ausbruch bei Kühen in den USA wird vom Influenzavirus Typ A(H5N1) ausgelöst. Während bisherige Berichte von H5N1-infizierten Menschen fast immer eindeutig auf einen engen direkten Kontakt mit infizierten Vögeln oder deren Exkrementen zurückgeführt werden konnten, wird im derzeitigen Ausbruch erstmalig die Übertragung auf den Menschen durch andere Säugetiere – nämlich Milchkühe – beobachtet [1]. Ende Mai 2024 galten in den USA mindestens 69 Kuhherden in neun Bundesstaaten als nachweislich infiziert. Bisher haben sich drei milchwirtschaftliche Arbeitskräfte mit H5N1 infiziert und sind leicht erkrankt – mit Bindehautentzündung oder leichten Atemwegssymptomen [2]. Ausgangspunkt des Ausbruchs soll die Übertragung des Erregers auf die Melkmaschine gewesen sein. Auch wenn sich alle drei Betroffenen von der Infektion erholt haben, kann das Vogelgrippe-Virus bei Menschen in einigen Fällen schwere bis tödliche Krankheitsverläufe auslösen.
Müssen Kühe zukünftig gegen H5N1 geimpft werden?
Forschende halten es für realistisch, dass sich Vogelgrippe-Viren in Zukunft durch Mutationen noch besser an die Übertragung von Säugetier zu Säugetier anpassen könnten. Hinweise darauf finden sich nicht nur im aktuellen Ausbruch bei Kühen in den USA, sondern wurden bereits 2023 bei argentinischen Seeelefanten mittels Genomanalyse bestätigt [3]. Dabei gilt: Je enger die betroffene Säugetierspezies im Kontakt mit Menschen steht bzw. je verbreiteter die Nutzung ihrer tierischen Produkte ist, desto größer ist das Risiko für eine mögliche Pandemie beim Menschen. Um dafür gewappnet zu sein und die weitere Übertragung unter Milchkühen zu unterbinden, werden inzwischen Ansätze zur Impfstoffentwicklung für Kühe diskutiert. Bis solche Impfstoffe hergestellt werden können, ist es allerdings noch ein weiter Weg. Zunächst müssen grundlegende Aspekte genauer erforscht werden – zum Beispiel, ob die Vogelgrippe bei Kühen tatsächlich nur über die Milch bzw. das Melken oder auch über die Atemwege übertragen wird [4]. Für die Übertragung beim Melkprozess sprechen beispielsweise die hohen Viruskonzentrationen, die in der Rohmilch infizierter Kühe nachgewiesen wurden [5]. Während großflächig eingesetzte Vogelgrippe-Impfstoffe für Kühe noch in ferner Zukunft liegen, konzentrieren sich die derzeitigen Maßnahmen zur Eindämmung hauptsächlich auf eine verstärkte Surveillance. Da die Abwässer von Molkereibetrieben vermutlich Virusfragmente enthalten, sollen dafür bald auch Abwassertestungen in größerem Umfang zum Einsatz kommen [6].
Andere Länder, andere Stämme
Vogelgrippe-Infektionen beim Menschen wurden bislang hauptsächlich durch die Subtypen A(H5N1) und A(H7N9) ausgelöst. Neuartige Stämme mit dem Potenzial, Menschen zu infizieren, werden von der Weltgesundheitsorganisation WHO deshalb gewissenhaft beobachtet. Im April 2024 infizierte sich in Mexiko erstmals eine Person mit A(H5N2) und verstarb wenig später daran. Der genaue Ansteckungsweg ist in diesem Fall nach wie vor unklar [7]. Da keine weiteren menschlichen Fälle aufgetreten sind und in Mexiko seit Anfang 2024 verschiedene Ausbrüche mit H5N2 bei Geflügel bekannt sind, ist eine Übertragung durch Säugetiere – wie in den USA – jedoch unwahrscheinlich.
Wachsamkeit statt Panik
Momentan gilt das gesundheitliche Risiko für die Allgemeinbevölkerung in den USA trotz des aktuellen Ausbruchs bei Kühen als gering [8]. Die US Centers for Disease Control and Prevention (CDC) raten dennoch derzeit davon ab, Rohmilch und andere ungenügend erhitzte tierische Produkte zu konsumieren [9]. Auch für die Bevölkerung in Deutschland bzw. Europa gilt das Risiko einer Ansteckung mit der Vogelgrippe als gering [10,11]. Hier wird der Allgemeinbevölkerung lediglich empfohlen, keine kranken oder verendeten Wildvögel und -tiere anzufassen. Beruflich exponierte Personen sollten hingegen geeignete Vorsichtsmaßnahmen ergreifen und z.B. Schutzkleidung tragen sowie ihre Hände desinfizieren [10,11].
Das Ausmaß der weltweiten H5N1-Pandemie bei Vögeln mit mehr als 50 Millionen getöteten Tieren seit 2020 sowie die massive Ausbreitung bei verschiedenen Säugetierspezies sind jedoch Gründe für erhöhte Wachsamkeit. Internationale Expertinnen und Experten rufen daher dazu auf, den One-Health-Ansatz zukünftig stärker zu berücksichtigen [12]. Dieser Ansatz basiert auf der Erkenntnis, dass die Gesundheit von Menschen, Tier und Umwelt eng miteinander verknüpft ist und nur eine fachübergreifende und globale Zusammenarbeit zukünftige Pandemien verhindern oder eindämmen kann.
Quellen:
- https://www.who.int/emergencies/disease-outbreak-news/item/2024-DON512 (aufgerufen am 19. Juni 2024)
- Abbasi J (2024) As a Third Worker Tests Positive for Bird Flu in US Dairy Cattle Outbreak, Here’s What to Know. JAMA. Online veröffentlicht am 5. Juni 2024.
- https://www.universityofcalifornia.edu/news/bird-flu-increasingly-adapting-mammals (aufgerufen am 19. Juni 2024)
- Cohen J (2024) A bird flu vaccine for cows? It's complicated. Science 384: 837-838.
- Kozlov M. Huge amounts of bird-flu virus found in raw milk of infected cows. Nature. Online veröffentlicht am 5. Juni 2024.
- https://www.statnews.com/2024/05/22/bird-flu-wastewater-surveillance-specific-h5-testing-by-wastewaterscan-network/ (aufgerufen am 19. Juni 2024)
- https://www.who.int/emergencies/disease-outbreak-news/item/2024-DON520 (aufgerufen am 19. Juni 2024)
- https://www.cdc.gov/bird-flu/situation-summary/index.html (aufgerufen am 19. Juni 2024)
- https://www.cdc.gov/media/releases/2024/p0401-avian-flu.html (aufgerufen am 19. Juni 2024)
- https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/Z/ZoonotischeInfluenza/Vogelgrippe.html (aufgerufen am 19. Juni 2024)
- https://www.ecdc.europa.eu/en/zoonotic-influenza/facts/faq-avian-influenza (aufgerufen am 19. Juni 2024)
- Petersen E et al. (2024) Avian 'Bird' Flu - undue media panic or genuine concern for pandemic potential requiring global preparedness action? Int J Infect Dis 145: 107062.