Ausgewählte Hände-Desinfektionsmittel erfüllen die Anforderungen der EN 1500 in 15 Sekunden

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Im Rahmen einer Untersuchung in einem unabhängigen, akkreditierten Prüflabor konnte nachgewiesen werden, dass ein Hände-Desinfektionsmittel, auf Ethanol-Basis, und ein Hände-Desinfektionsmittel, auf Propanol-Basis, die Wirksamkeitsanforderungen an die bakterizide Wirksamkeit der hygienischen Händedesinfektion (Prüfnorm EN 1500) mit einer Einwirkzeit von 15 Sekunden erfüllen [1].

Voraussetzungen für eine effektive Händedesinfektion

Wenn in der klinischen Praxis über Händehygiene gesprochen wird, geht es häufig um die Desinfektion der Hände zum richtigen Zeitpunkt oder mit der richtigen Indikation. Eine wirksame Händedesinfektion erfordert jedoch mehr als nur die richtige Situation, sie erfordert auch die korrekte Anwendung eines wirksamen Desinfektionsmittels.

Diese beinhaltet die vollständige Benetzung der Hände während der vorgeschriebenen Einwirkzeit. Dies erfordert sowohl eine gute Einreibetechnik als auch eine ausreichende Menge Desinfektionsmittel, um die Hände vollständig zu benetzen und während der gesamten Einwirkzeit feucht zu halten. Welche Kombination von Menge und Einwirkzeit dabei für eine wirksame Händedesinfektion erforderlich ist, wird mit standardisierten Prüfverfahren getestet. Um beispielsweise für die hygienische Händedesinfektion geeignet zu sein, muss ein Desinfektionsmittel die Prüfung nach der Norm EN 1500 bestehen [2]. Doch selbst bei Desinfektionsmitteln für den professionellen Gebrauch kann es dabei große Unterschiede geben. So gibt es Desinfektionsmittel, die eine bakterizide hygienische Händedesinfektion nach EN 1500 mit 3 mL in 30 Sekunden erreichen, während andere dafür 2x 3 mL und 30 Sekunden oder sogar länger benötigen [3].

Die EN 1500 Prüfnorm

Das Prüfverfahren der Norm EN 1500:2013 [2] ist die Grundlage für die Auslobung der bakteriziden hygienischen Händedesinfektion. In der Praxis wird die Prüfung mit 18-22 Probanden zweimal durchgeführt, einmal mit einem Referenzprodukt und einmal mit einem Prüfprodukt. Zur Vorbereitung waschen sich die Probanden die Hände, bevor diese mit dem Testkeim E. coli kontaminiert werden (Abb. 1 Teil 1). Dann werden die Finger beprobt, um den sogenannten Vorwert zu bestimmen, der angibt, wie viele Bakterien sich vor der Desinfektion auf den Händen befinden (Abb. 1 Teil 2). Anschließend erfolgt die Desinfektion entweder nach der Referenzmethode mit 2x 3 mL 60% Isopropanol für 2x 30 Sekunden oder mit dem Prüfpräparat nach Herstellerangaben (Abb. 1 Teil 3). In beiden Fällen erfolgt die Händedesinfektion nach einer vorgeschriebenen Einreibetechnik. Anschließend werden die Hände erneut beprobt, um den sogenannten Nachwert zu bestimmen, d. h. die Anzahl der Bakterien auf den Händen nach der Desinfektion (Abb. 1 Teil 4). Mit Hilfe der Vor- und Nachwerte kann berechnet werden, wie wirksam das Prüfprodukt und das Referenzverfahren bei der Inaktivierung der Bakterien waren (Abb. 1, Teil 5). Abschließend wird die Wirksamkeit von Prüfprodukt und Referenz miteinander verglichen. Um die EN 1500 zu bestehen, darf das Prüfprodukt dem Referenzverfahren statistisch nicht unterlegen sein. Die Referenz bestimmt somit die Wirksamkeitsanforderungen an ein Desinfektionsmittel für die hygienische Händedesinfektion.

Schematische Darstellung des Prüfablaufs der EN 1500
Abbildung 1: Schematische Darstellung des Ablaufs der Prüfung nach EN 1500. Das Volumen und die Einreibedauer des Prüfproduktes werden vom Hersteller vorgegeben, wobei die minimale Einreibedauer gemäß Prüfnorm 30 Sekunden beträgt.

Was ist die richtige Einwirkzeit?

Grundsätzlich sind die korrekten Einreibezeiten den Herstellerangaben zu entnehmen. Diese richten sich nach der jeweiligen Test-Norm und der Zulassung des Produktes. Die Einhaltung dieser Angaben gewährleistet, dass ein Desinfektionsmittel eine ausreichende Wirkung entfaltet. Im hektischen Alltag der klinischen Praxis erleichtert eine kurze Einwirkzeit natürlich die korrekte Anwendung eines Desinfektionsmittels [4, 5]. Die Prüfnorm EN 1500 [2] sieht derzeit jedoch keine Produktprüfung in weniger als 30 Sekunden vor. Die auf Desinfektionsmitteln deklarierte Mindesteinwirkzeit für die hygienische Händedesinfektion beträgt daher 30 Sekunden.

In der Forschung werden jedoch auch Einreibezeiten von weniger als 30 Sekunden und deren Wirkung in der Praxis untersucht [5-8]. Es gibt sowohl Studien, die für eine Verkürzung der Einreibezeit sprechen, als auch solche, die dagegensprechen. Auf der einen Seite konnte beispielsweise gezeigt werden, dass die Inaktivierung von Mikroorganismen auf den Händen nach 10 bis 20 Sekunden mit der nach 30 Sekunden vergleichbar ist [6] und dass die Desinfektionshäufigkeit mit kürzerer Einwirkzeit zunimmt [5]. Auf der anderen Seite wird in Frage gestellt, ob kürzere Einreibezeiten ausreichen, um die Hände vollständig zu benetzen [7]. Zudem werden Studien mit verkürzten Einreibezeiten kritisiert, da in diesen häufig das Referenzverfahren, d. h. die Mindestanforderungen, verändert wurden [8].

Da die wenigsten Anwender in der Praxis 30 Sekunden einhalten - akzeptable Zeiten scheinen bei 15 bis 20 Sekunden zu liegen [9] - bleibt die Verkürzung der Einreibezeit ein aktuelles Thema. Inzwischen sprechen sich immer mehr Leitlinien, Fachgesellschaften und Experten für eine Verkürzung der Einreibezeit auf 15 Sekunden aus, darunter unter anderem die S2k-Leitlinie Händedesinfektion und Händehygiene [10] oder die Aktion Saubere Hände [11]. Zudem sieht die WHO-Einreibetechnik für alkoholbasierte Händehygiene-Produkte eine Durchführung in 20-30 Sekunden vor und die Society of Healthcare Epidemiology of America (SHEA) empfiehlt eine minimale Einreibezeit von 15 Sekunden bei alkoholbasierten Produkten. Hier erhofft man sich vor allem, dass eine geringere Hürde zu häufigeren Desinfektionen führt. Andererseits gibt es aber auch Fachgesellschaften und Experten, die eine Verkürzung der Einwirkzeit kritisch sehen. Da sich schon heute nur wenige Mitarbeiter an die 30 Sekunden halten, wird hier befürchtet, dass eine Verkürzung der Einwirkzeit dazu führt, dass noch weniger Zeit für die Desinfektion aufgewendet wird.

Letztlich sind sich aber alle einig, dass bei der Patientensicherheit keine Kompromisse gemacht werden dürfen. So müssen neben der Wirksamkeit gemäß EN 1500 auch weitere Wirksamkeiten entsprechend der vorliegenden Anforderungen und der zu inaktivierenden Erreger beachtet werden. Entscheidend ist die Einhaltung der vorgegebenen Einwirkzeiten zur Erreichung des jeweils erforderlichen Wirkspektrums.

Die EN 1500 in 15 Sekunden

Um die Auswirkungen und die Eignung einer verkürzten Einwirkzeit zu prüfen, wurde das ethanolische Hände-Desinfektionsmittel und das propanolische Hände-Desinfektionsmittel mit einer Einwirkzeit von 15 s nach EN 1500 untersucht [1] (Abb. 2).

Um den Qualitätsanspruch der Prüfnorm zu wahren, blieb das Referenzverfahren unverändert. Beide Desinfektionsmittel wurden jeweils mit 5 mL pro Desinfektion mit der Einreibetechnik nach EN 1500 und 3 mL mit der „eigenverantwortlichen Einreibetechnik“ geprüft. Die einzige Vorgabe für die „eigenverantwortliche Einreibetechnik“ ist, dass die Hände in der vorgegebenen Zeit vollständig benetzt sein müssen, insbesondere Finger und Daumen. Dies entspricht eher der intuitiven Anwendung in der klinischen Praxis. Anschließend wurde die Wirksamkeit der Produkte mit der Referenz verglichen.

Schematische Darstellung der Prüfung der alkoholischen HDM nach EN 1500.
Abbildung 2: Schematische Darstellung der Prüfung des ethanolischen bzw. propanolischen HDM nach EN 1500 mit einer Einwirkzeit von 15 Sekunden.

Sowohl das propanolische als auch das ethanolische Produkt erwiesen sich bei beiden Einreibeverfahren im Vergleich zur unveränderten Referenz als nicht unterlegen [1].

Damit erfüllen beide Hände-Desinfektionsmittel die Anforderungen der EN 1500 an die bakterizide hygienische Händedesinfektion bereits nach 15 Sekunden (Abb. 3).

Ergebnisse der Prüfung der HDM nach EN 1500 in 15 Sekunden.
Abbildung 3: Ergebnis der Prüfung des ethanolischen und des propanolischen HDM nach EN 1500 in 15 Sekunden. Dargestellt ist die Reduktion der mikrobiellen Belastung der Hände in Zehnerpotenzen, den sogenannten log10-Stufen.

Die Studie zeigt, dass kürzere Einreibezeiten, wie sie von den Anwendern gewünscht werden, im Hinblick auf die bakterizide hygienische Händedesinfektion mit ausgewählten Produkten auf Ethanol bzw. Propanol-Basis prinzipiell erfüllt werden können. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass vor allem mit trainiertem Personal eine ausreichende Benetzung auch in 15 Sekunden erreicht werden kann [12, 13]. Diese Studien tragen dazu bei, Barrieren der Händedesinfektion zu beseitigen und ermöglichen den Weg zu einer nutzerfreundlicheren Anwendung von Hände-Desinfektionsmitteln.

Wie dies in der klinischen Praxis aussieht und ob zukünftig auch die Anforderungen der EN 17430 an die viruzide hygienische Händedesinfektion in 15 Sekunden erreicht werden können, wird die Forschung zeigen. Unabhängig davon ob sie 15 Sekunden oder 30 Sekunden Zeit haben, was die bakterizide Wirksamkeit angeht, sind sie mit unseren Produkten auf der sicheren Seite.

Factsheet: EN 1500 in 15 Sekunden mit ausgewählten Hände-Desinfektionsmitteln möglich

Vorschau des Factsheet zur Prüfung ausgewählter HDM nach EN 1500 in 15 Sek.

Referenzen

[1] Mönch et al. (2024) Alcohol-based hand rubs can fulfil the efficacy requirements of EN 1500 in 15 seconds. GMS Hyg Infect Control19: 16.

[2] DIN EN 1500-2013: Chemical disinfectants and antiseptics - Hygienic handrub - Test method and requirements (phase 2/step 2). 2013.

[3] VAH Desinfektionsmittel-Liste https://vah-online.de/de/vah-liste (abgerufen am 30.07.2024)

[4] Harnoss JC et al. (2020) Hand antisepsis without decreasing efficacy by shortening the rub-in time of alcohol-based handrubs to 15 seconds. J Hosp Infect 104: 419–424.

[5] Kramer A et al. (2017) Shortening the Application Time of Alcohol-Based Hand Rubs to 15 Seconds May Improve the Frequency of Hand Antisepsis Actions in a Neonatal Intensive Care Unit. Infect Control Hosp Epidemiol 38: 1430–1434.

[6] Pires D et al. (2017) Hand Hygiene With Alcohol-Based Hand Rub: How Long Is Long Enough? Infect Control Hosp Epidemiol 38: 547–552.

[7] Kampf G et al. (2008) Influence of rub-in technique on required application time and hand coverage in hygienic hand disinfection. BMC Infectious Disease 8: 149.

[8] Eggerstedt S et al. (2018) Alcohol-based hand rubs must meet the requirements of EN 1500. Infect Control Hosp Epidemol. 39(8): 1018.

[9] Kenters N et al. (2020) Product dose considerations for real-world hand sanitiser efficacy. Am J Infect Control 48: 503–506.

[10]S2k-Leitlinie Händedesinfektion und Hängehygiene AWMF-Register Nr. 075-004, Klasse 2k-Leitlinie, Stand: 03.02.2023 https://www.krankenhaushygiene.de/pdfdata/275_310_DGKH_S2k-LL%20HD%20und%20HH_HM_11_23.pdf (abgerufen am 30.07.2024).

[11]Positionspapier „Einwirkzeit von Händedesinfektionsmittel“ der Aktion Saubere Hände https://www.aktion-sauberehaende.de/fileadmin/ash/user_upload/pdf/Positionspapiere/ASH_Positionspapier_15_Sekunden_01072020.pdf(abgerufen am 30.07.2024).

[12] Paula H et al. (2018). Wettability of hands during 15-second and 30-second handrub time intervals: A prospective, randomized crossover study. Am J Infect Control 46:1032–1035.

[13] Pires D et al. (2017). Hand Hygiene With Alcohol-Based Hand Rub: How Long Is Long Enough? Infect Control Hosp Epidemiol 38:547–552.

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