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Um nosokomiale Infektionen zu vermeiden, gehört die Händehygiene gemäß den von der Weltgesundheitsorganisation WHO definierten „5 Momenten“ [1] zu den wichtigsten Elementen überhaupt. Die Händehygiene-Compliance (HHC) unterscheidet sich jedoch zwischen den verschiedenen Momenten und scheint generell bei den „VOR“-Momenten niedriger zu sein als bei den „NACH“-Momenten. Dabei sind gerade die „VOR“-Momente besonders relevant für die Patientensicherheit, während sich „NACH“-Momente hauptsächlich auf die eigene Gesundheit konzentrieren. Wie groß der Einfluss von Empathie ist, untersuchte eine gerade publizierte Studie, die zwischen März 2017 und März 2018 an drei deutschen Zentren der Tertiärversorgung stattfand [2]. Die Publikation ist online verfügbar.
Ziel der Studie war es, die Beziehung zwischen Moment-spezifischen HHC-Raten und der Empathie von Gesundheitsfachkräften sowohl auf individueller Ebene als auch auf Stationsebene zu untersuchen. Neben der Beobachtung durch ausgebildete Hygienefachkräfte kamen auch zwei Fragebögen zum Einsatz: Einer erfasste die selbstberichtete HHC, einer die emotionale Empathie der Gesundheitsfachkräfte. Die emotionale Empathie auf Stationsebene wurde durch Mittelwerte des Personals berechnet. Insgesamt flossen die Daten von 329 Gesundheitsfachkräften bzw. 20 Stationen (inkl. 275 Gesundheitsfachkräften) und 4.328 Gelegenheiten zur Händehygiene in die Analyse ein [2].
Außer für die Momente 2 („VOR aseptischen Tätigkeiten“) und 3 („NACH Kontakt mit potenziell infektiösen Materialien“) stimmten objektiv beobachtete und selbstberichtete HHC-Raten gut überein. Für diese beiden Momente lag die selbstberichtete HHC deutlich über der auf Stationsebene beobachteten (Moment 2: 59,7% beobachtete vs. 86,2% selbstberichtete HHC; Moment 3: 80,5% beobachtete vs. 93,5% selbstberichtete HHC). Was den Einfluss von Empathie angeht, wurden für beide „VOR“-Momente signifikante Korrelationen zwischen dem Empathie-Level und der HHC gefunden. Stationen und Personal mit höherem Empathie-Level zeigten hier die höchste HHC, während Stationen und Personal mit geringerer Empathie die niedrigste HHC aufwiesen. Ausgerechnet für Moment 2 wurden teils sehr niedrige HHC-Raten von unter 40% beobachtet, und genau bei diesem Moment korrelierte die Empathie am stärksten mit der HHC. Im Gegensatz dazu unterschied sich die HHC zwischen den verschiedenen Empathie-Levels bei „NACH“-Momenten nicht wesentlich [2].
Die Empathie von Gesundheitsfachkräften könnte eine unterschiedliche Rolle für die Einhaltung der HHC bei „VOR“- und „NACH“-Momenten spielen. Interventionen, die speziell auf die „VOR“-Momente abzielen und empathisches Verhalten fördern, könnten die HHC somit verbessern. Dabei sollten die beiden Motivationen Patientenschutz und Selbstschutz jedoch nicht als gegensätzliche Pole, sondern als sich ergänzende Motivationsprozesse gesehen werden.
Quellen: