Hygienewissen

Aufbereitung semikritischer Medizinprodukte

24.04.2022

Medizinprodukte wie z. B. Endoskope oder transvaginale Ultraschallsonden kommen in direkten Kontakt mit Schleimhäuten oder krankhaft veränderter Haut und werden daher als „semikritisch“ eingestuft. Studien zeigen, dass die Prävalenz von Kontaminationen bei transvaginalen Ultraschallsonden bei bis zu 14% liegt, was die Wichtigkeit der korrekten Aufbereitung dieser Medizinprodukte unterstreicht [1-3]. Um das Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten, sollte die Desinfektion Wirksamkeiten gegen Bakterien, Viren, Hefen und Pilzen umfassen.


Rechtliche Vorgaben

Die Aufbereitung von semikritischen Medizinprodukten wird durch die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) geregelt und richtet sich an die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) [4]. Laut §8 Abs. 1 MPBetreibV soll die Aufbereitung von semikritischen Medizinprodukten mit einem geeigneten validierten Verfahren durchgeführt werden, sodass Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern und Dritten gewährleistet ist [4].

Laut den Empfehlungen der KRINKO sollen vorrangig maschinelle Verfahren zur Reinigung und Desinfektion verwenden werden, da insbesondere diese validierbar sind [5]. In einer Stellungnahme vom November 2020 konkretisierte das RKI seine bisherige Einschätzung und stellte fest, dass aus Sicht des verantwortlichen Gremiums nach aktuellem Stand eine manuelle Aufbereitung von semikritischen Medizinprodukten in Form einer Wischdesinfektion nicht validierbar sei [6]. Dieser fachlichen Einschätzung haben sich die für Medizinprodukte zuständigen obersten Landesbehörden und das BfArM in einer im Oktober 2021 veröffentlichten Stellungnahme angeschlossen [7].


Alternativen zur maschinellen Aufbereitung

Abhängig vom Medizinprodukt und den baulichen Voraussetzungen ist eine maschinelle Aufbereitung von semikritischen Medizinprodukten nicht immer möglich. Bei transvaginalen Ultraschallsonden wird in diesem Fall eine Desinfektion mittels Tauchdesinfektion empfohlen [7]. Dies kann zum Beispiel mit Korsolex® basic oder Korsolex® extra erfolgen. Im Anschluss an die Tauchdesinfektion ist auf ein vollständiges Abspülen des Desinfektionsmittels zu achten sowie auf eine Lagerung, durch die eine erneute Kontamination vermieden wird. Bei einer Tauchdesinfektion sind die Herstellerangaben zur Dichtigkeit des Medizinprodukts zu beachten, sodass gegebenenfalls nicht das gesamte Medizinprodukt eingetaucht werden darf.

Das HARTMANN SCIENCE CENTER hat in Kooperation mit Dr. Brill + Partner GmbH, Institut für Hygiene und Mikrobiologie, ein Verfahren zur Wischdesinfektion von transvaginalen Ultraschallsonden validiert, unter Verwendung von Mikrobac® Virucidal Tissues [8]. Dieses Verfahren ermöglicht eine wirksamkeitsgeprüfte Aufbereitung und Dokumentation, vorausgesetzt das Verfahren wird vor Ort validiert und mit dem einrichtungsinternen Risikomanagement abgeglichen.


Verantwortlichkeit der Hersteller

Eine besondere Herausforderung bei der Aufbereitung von Medizinprodukten stellen bewegliche Teile dar, wie zum Beispiel Luft- und Wasserkanal-Ventile bei Endoskopen. Eine Studie von 2014 zeigte, dass rund 87% der untersuchten Ventile kontaminiert waren [9]. Bei der Verwendung von Endoskopen während einer Untersuchung werden die beweglichen Öffnungsvorrichtungen nach oben und unten geschoben. „Um bei der Reinigung und Desinfektion wirklich alle Flächen des Ventils zu erreichen, müsste der Schieber auch in dieser Weise ständig bewegt werden. Bei der Bürstenvorreinigung mag das mit viel Geschick und Aufwand noch möglich sein. Beim Einlegen in eine Desinfektionslösung müssten Sie aber darüber hinaus noch die Einwirkzeit einhalten und das ist nicht machbar“, so Prof. Dr. Heike Martiny (Charité-Universitätsmedizin Berlin, Technische Hygiene) in einem Interview vom 06.11.2019.

Selbst die maschinelle Aufbereitung im RDG-E (Reinigungs- und Desinfektionsgerät für Endoskope) bietet hier keine vollständige Sicherheit: „Auch bei dieser Form der maschinellen Aufbereitung können Sie nicht sicher sein, dass alle Stellen des Ventils ausreichend Kontaktzeit mit der Reinigungs- und Desinfektionschemie hatten.“, warnt Prof. Martiny. „Nach den Leitlinien gehören die Ventile direkt zum Endoskop und sollten daher wie dieses auch nach gründlicher Reinigung inklusive Bürstenanwendung vorzugsweise maschinell im RDG-E mit validierten Prozessen aufbereitet werden.“

Auch wenn der Betreiber für einen lückenlosen Aufbereitungsprozess verantwortlich ist, nach Aussage von Prof. Martiny „müssen hier die Endoskop-Hersteller mit detaillierten Aufbereitungsanweisungen mehr in die Pflicht genommen werden [..]. Demnach müssen ausführliche Aufbereitungsanweisungen für die folgenden Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden: Erstbehandlung am Gebrauchsort, Vorbereitung vor der Reinigung, Reinigung, Desinfektion, Trocknung, Kontrolle und Wartung, Verpackung, Sterilisation, Lagerung und Transport.“ Detaillierte Anforderungen an die Informationen, die von Herstellern von semikritischen Medizinprodukten bereitgestellt werden müssen, werden in der ISO17664 festgelegt.

Bei Unklarheiten rät Prof. Martiny zur Verwendung von Einwegventilen: „Der Einsatz von Einwegventilen ist der sicherste Schutz vor Einsatz von noch kontaminierten Ventilen und damit auch der beste Schutz davor, dass mangelhaft aufbereitete Ventile zu Infektionsquellen werden. Es gibt mittlerweile Einwegventile für viele verschiedene Endoskoptypen. Ihr Einsatz spart zudem Zeit und könnte die Aufbereitung insgesamt effizienter gestalten.“

Wir danken Prof. Martiny für das Interview.


Quellen:

1. Leroy S (2013) J Hosp Infect 83(2):99-106.

2. David C et al. (2019) Isr Med Assoc J 21(1):45-49.

3. Westerway SC et al (2017) Ultrasound Med Biol 43(2):421-426.

4. Medizinprodukte-Betreiberverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. August 2002 (BGBl. I S. 3396), die zuletzt durch Artikel 7 der Verordnung vom 21. April 2021 (BGBl. I S. 833) geändert worden ist.

5. KRINKO (2012) Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten. Bundesgesundheitsbl 55:1244–1310.

6. RKI, Aufbereitung von Medizinprodukten: Häufig gestellte Fragen und Antworten, https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Aufb_MedProd/Aufb_MedProd_node.html (abgerufen am 14.04.2022)

7. RKI, Epid Bull 2021;44:13 -15, doi 10.25646/9185.

8. unveröffentlichter Bericht (2020) – Daten bei der BODE Chemie.

9. Riebe O et al. (2014) Endo-Praxis 30(04):174-179.


Desinfektionsmittel vorsichtig verwenden.
Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformation lesen.

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