Was bedeutet viruzid?
Als viruzid wird ein Wirkstoff bezeichnet, der sowohl gegen behüllte als auch gegen unbehüllte Viren wirksam ist. Diese Wirksamkeit wird als Viruzidie bezeichnet. Ein solches Desinfektionsmittel wirkt unspezifisch auf ein Virus ein, sodass das Virus bei korrekter Anwendung des Desinfektionsmittels keine Infektiosität mehr aufweist. Somit spielen viruzide Desinfektionsmittel in der Infektionsprävention eine signifikante Rolle.
Behüllte Viren sind leichter als unbehüllte Viren zu inaktivieren, da bei behüllten Viren die Lipide der Virushülle als Angriffspunkt für das Desinfektionsmittel dienen und das Virus so leichter denaturiert werden kann.
Viruzidie kann durch verschiedene Normen nachgewiesen werden
Es gibt sowohl deutsche als auch europäische standardisierte Prüfverfahren, mit denen eine viruzide Wirksamkeit nachgewiesen werden kann. Die Prüfverfahren unterscheiden sich unter anderem durch die Prüfkeime, die stellvertretend für eine Gruppe von Mikroorganismen geprüft werden.
Nachweis der viruziden Wirksamkeit nach der Europäischen Norm DIN EN 14476
Auf europäischer Ebene wird eine viruzide Wirksamkeit durch die EN 14476 nachgewiesen. Im Jahr 2005 lag die erste Version der EN 14476 vor, die seither mehrfach angepasst wurde. Die Wirksamkeit des jeweiligen Desinfektionsmittels kann in den Bereichen Händedesinfektion, Flächendesinfektion, Instrumentendesinfektion sowie der chemothermischen Desinfektion erfolgen. Geprüft wird bei der EN 14476 mit den Prüfkeimen:
- Adenovirus
- Murines Norovirus
- Poliovirus
- Murines Parvovirus (bei der chemothermischen Desinfektion)
Nachweis der viruziden Wirksamkeit nach DVV/RKI-Leitlinie
Bereits seit 1982 werden in Deutschland Prüfmethoden auf Basis der Empfehlungen der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) angewendet. In Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut (RKI) wurde die DVV/RKI-Leitlinie zum Nachweis viruzider Wirksamkeit entwickelt. Gemäß der DVV/RKI-Leitlinie werden beim Nachweis der viruziden Wirksamkeit folgende Prüfkeime verwendet:
- Adenovirus
- Murines Norovirus
- Poliovirus
- SV 40, ein Vertreter der Polyomaviren
- Murines Parvovirus (bei der chemothermischen Desinfektion)
SV 40 wird stellvertretend für das humane Papillomvirus (HPV) geprüft, welches Gebärmutterhalskrebs auslösen kann. Deshalb ist die Prüfung dieses Virus vor allem für Desinfektionsmittel von Vaginalsonden wichtig.
Abgrenzung zu weiteren Wirksamkeiten des viruziden Spektrums
Nicht jedes Desinfektionsmittel kann eine komplette viruzide Wirkung nachweisen. Daher wird in drei Wirksamkeitsbereiche unterschieden, die anzeigen, welche Viren das jeweilige Desinfektionsmittel verlässlich inaktivieren kann.
Desinfektionsmittel, die nur behüllte Viren inaktivieren, werden als begrenzt viruzid bezeichnet.
Begrenzt viruzid PLUS sind Desinfektionsmittel, die behüllte Viren und bestimmte unbehüllte Viren inaktivieren. Die unbehüllten Viren, die in diesem Wirksamkeitsbereich inaktiviert werden, sind die Prüfkeime Adeno- und Noroviren sowie Rotaviren.
Der Wirksamkeitsbereich viruzid sagt aus, dass das jeweilige Desinfektionsmittel sowohl behüllte als auch unbehüllte Viren inaktiviert.