Nosokomiale Infektionen stellen eine große Herausforderung in der modernen Medizin dar; knapp 5% aller Patientinnen und Patienten in Deutschland erkranken an einer im Krankenhaus erworbenen Infektion [1]. Dabei könnten theoretisch 35-55% der Infektionen durch verbesserte Hygienemaßnahmen verhindert werden [2]. Da Mikroorganismen teilweise lange Zeiträume auf Oberflächen überleben und von Person zu Person übertragen werden können, leistet die Routinereinigung und -desinfektion einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung nosokomialer Infektionen.
Das Expertenteam um Ojan Assadian hat sich diesem Thema angenommen und verfasste Empfehlungen für die routinemäßige Reinigung und Desinfektion auf allgemeinen Stationen im Krankenhaus sowie für die gezielte Reinigung und Desinfektion und für den Fall eines Ausbruchs [3]. Diese Empfehlungen basieren auf wissenschaftlichen Publikationen und Richtlinien der World Health Organization (WHO), der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) und der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO).
Eine umfassende Risikobewertung ist die Basis
Das Expertenteam hat die Risikobewertung auf drei Eckpfeiler heruntergebrochen: Risikoprofil (I) des Patienten, (II) der Oberfläche und (III) des Erregers (siehe Abbildung). Diese Risikoprofile sind eng miteinander verknüpft und sollten nicht separat, sondern immer nur in Kombination betrachtet werden.
Ausgehend von diesen drei Eckpunkten kann im Hinblick auf Routinereinigung und -desinfektion das Risikopotential von verschiedenen Bereichen bestimmt werden: während eine allgemeine Station eher zum mittleren Risikobereich gezählt werden kann, handelt es sich bei Stationen mit immunsupprimierten Patientinnen und Patienten oder Empfängern von Knochenmarkspenden um Hochrisikobereiche, die verstärkter Reinigung und Desinfektion bedürfen. Weiter muss zwischen Low-Touch- und High-Touch-Oberflächen unterschieden werden. Erstere sind meist patientenfern und kommen selten mit Haut in Kontakt, wie zum Beispiel Wände oder Fußböden. High-Touch-Flächen sind oft in Patientennähe und/oder werden häufig von Patientinnen und Patienten oder dem Personal berührt (z. B. Bettläufe, Türklinken, Lichtschalter). Auch die Knöpfe im Aufzug können dazu zählen. Durch den Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Nadeln oder durch die Nutzung bei der Vorbereitung von intravenösen Applikationen werden allerdings auch selten berührte Flächen zu kritischen Oberflächen und müssen bei der Risikoanalyse besonders berücksichtigt werden.
Im Falle einer Ausbruchsituation oder wenn Infektionen mit klinisch relevanten Erregern wie z. B. MRSA vorliegen, bedarf es einer gezielten Reinigung und Desinfektion. Erreger-spezifische praktische Empfehlungen für diese Fälle sind ebenfalls vom Autorenteam vorgeschlagen.