Prüfnormen für (Hände-)Desinfektionsmittel
Desinfektionsmittel durchlaufen in der Regel ein zweistufiges Prüfverfahren. Prüfungen der Stufe 1 sind quantitative Suspensionsversuche, bei denen die Wirksamkeit gegen verschiedene Mikroorganismen mit einer zusätzlichen Proteinbelastung bestimmt wird. Prüfungen der Stufe 2 sind praxisnahe Prüfungen direkt auf der relevanten Oberfläche. Bei Hände-Desinfektionsmitteln sind das die Hände, weshalb hier für Prüfungen der Stufe 2 nur nicht-humanpathogene Prüforganismen eingesetzt werden können.
Für die bakterizide Wirksamkeit existiert ein solches zweistufiges Prüfverfahren bereits seit mehreren Jahren. Dabei unterscheidet man die folgenden zwei zentralen Prüfnormen:
- Stufe 1 (EN 13727): Quantitativer Suspensionsversuch zur bakteriziden Wirksamkeit eines Desinfektionsmittels. Hier wird das Desinfektionsmittel zu einer Bakteriensuspension gegeben und nach einer bestimmten Zeit überprüft, ob das Desinfektionsmittel die Zahl der lebenden Bakterien ausreichend reduziert hat.
- Stufe 2 (EN 1500): Praxisnahe Untersuchung zur bakteriziden Wirksamkeit eines Desinfektionsmittels. Die Hände von 18-22 Probanden werden künstlich mit einem nicht-humanpathogenen Prüforganismus kontaminiert und anschließend desinfiziert. Um die Prüfung zu bestehen, muss ein Hände-Desinfektionsmittel mindestens so wirksam sein, wie ein Referenzalkohol.
Für die Prüfung auf Wirksamkeit gegen Viren gab es bis vor kurzem nur Prüfungen der Stufe 1:
- Stufe 1 (EN 14476): Quantitativer Suspensionsversuch zur viruziden Wirksamkeit eines Desinfektionsmittels. Hier wird das Desinfektionsmittel zu einer Virensuspension gegeben und nach einer bestimmten Zeit überprüft, ob das Desinfektionsmittel die Zahl der infektiösen Viren ausreichend reduziert hat.
Im Mai 2024 wurde mit der EN 17430 eine Prüfung der Stufe 2 für die viruzide hygienische Händedesinfektion veröffentlicht, mit der die Wirksamkeit eines Desinfektionsmittels gegen Viren unter praxisnahen Bedingungen nachgewiesen werden soll.
Die Prüfnorm EN 17430 (Stufe 2)
Die Prüfung nach EN 17430 wird mit 18-22 Probanden durchgeführt. Zur Vorbereitung waschen sich die Probanden die Hände, bevor diese mit einer Suspension des Prüfvirus künstlich kontaminiert werden (Abb. 1, Teil 1). Die trockenen Finger werden anschließend beprobt, um den sogenannten Vorwert zu bestimmen. Dieser gibt an wie viele Viren vor der Desinfektion auf den Händen vorhanden sind (Abb. 1, Teil 2). Anschließend werden die Hände desinfiziert (Abb. 1, Teil 3) – entweder mit dem Referenzalkohol (2 x 3 mL 70 % (v/v) Ethanol, 2 x 30 Sekunden) oder mit dem Prüfprodukt (Volumen nach Herstellerangaben, Einwirkzeit zwischen 30 und 60 Sekunden).
In beiden Fällen werden die Hände mit einer standardisierten Einreibemethode desinfiziert. Anschließend werden die Hände erneut beprobt, um den sogenannten Nachwert zu ermitteln, d. h. die Menge der nach der Desinfektion auf den Händen verbliebenen infektiösen Viren (Abb. 1, Teil 4). Anhand der Vor- und Nachwerte lässt sich berechnen, wie effektiv das Prüfprodukt und die Referenz die Viren inaktiviert haben (Abb. 1, Teil 5). Schließlich wird die Wirksamkeit des Prüfprodukts und der Referenz verglichen. Um die EN 17430 zu bestehen, muss das Prüfprodukt mindestens so wirksam sein, wie ein Referenzalkohol. Die Referenz bestimmt also die Wirksamkeitsanforderungen an ein Desinfektionsmittel für die hygienische Händedesinfektion.
Für die Prüfung zur viruziden hygienischen Händedesinfektion wird das für den Menschen ungefährliche murine Norovirus (MNV) verwendet. Hierbei handelt es sich um ein unbehülltes Virus, sodass mit der EN 17430 die Wirkspektren begrenzt viruzid PLUS und viruzid nachgewiesen werden können. Für die Wirksamkeit begrenzt viruzid (wirksam gegen behüllte Viren) ist eine Prüfung der Stufe 1 (EN 14476) ausreichend.
Mit Erscheinen der neuen Prüfnorm haben Hersteller nun 18 Monate Zeit, Produkte mit einer Wirksamkeit gegen Viren gemäß EN 17430 zu testen. Für unsere Sterillium®-Produkte arbeiten wir daran, die Gutachten nach EN 17430 in die nationalen Zulassungen zu bringen.
Zwei Normen - welche ist die richtige?
Die Ergebnisse des zweistufigen Prüfverfahrens bilden die Grundlage für die Auslobung eines Produkts zur hygienischen Händedesinfektion. Dabei müssen sowohl die Ergebnisse aus dem Suspensionsversuch (Stufe 1, hier: EN 13727 oder EN 14476) als auch aus dem praxisnahen Versuch (Stufe 2, hier: EN 1500 oder EN 17430) berücksichtigt werden.
Die Ergebnisse der beiden Prüfstufen können sich jedoch in Bezug auf die Einwirkzeiten unterscheiden. Ist dies der Fall, muss für eine ausreichende Wirksamkeit die längere Einwirkzeit angewandt werden.